Das Wohlfühl-Konzept erfordert Umdenken – und nicht selten einen radikalen Umbau.

Auch wenn die laute Mensa im Keller der Hochschule im Grunde eine Zumutung war: günstig musste es sein und wir haben die Gemeinschaft mehr genossen, als das Essen. Außerdem hatten wir viele Freiheiten, haben spontane Pausen eingelegt oder kurz zu Hause gekocht“, grinst der 46-Jährige Ruschke hinter seiner schwarzen Brille, wenn er an seine Studienzeit zurückdenkt. Im Arbeitsleben angekommen ändern sich die Prioritäten. „Eine tolle Raumatmosphäre ist essenzieller Bestandteil unserer Philosophie in den Business-Restaurants“, ergänzt Koch Bernhard Kampmann. „Die meisten Büros haben verstellbare Schreibtische, selbst der Produktionsarbeitsplatz ist nach allen Regeln der Arbeitsvorschrift optimiert. Aber an den Pausenraum wurde lange nicht gedacht.“

Das Wohlfühl-Konzept erfordert Umdenken – und nicht selten einen radikalen Umbau. Ganz klar geht der Trend weg von lieblos aufgereihten, langen Tischen, klappernden Stühlen und schmucklosen „Abfertigungsstuben“, aus denen man so schnell wie möglich wieder heraus möchte. „Dezente Farbigkeit und Materialien wie Eiche und gerichtetes warmes Licht bestimmen in den von uns umgebauten Betriebsrestaurants die Atmosphäre“, erläutert Ruschke, der sich in allen innenarchitektonischen Fragen eng mit seiner Frau und Kollegin Maren abstimmt. Geflochtene, runde  Lampenschirme und kupferne Deckenleuchten beispielsweise spenden behagliches Licht. Große Fenster stellen einen Bezug zur Umgebung her, es werden warme Materialien in Kombination mit Farbelementen und zeitlosen Formen verwendet. „Akustik ist da noch ein ganz wichtiger Punkt“, erklärt Architekt Yannick Ruschke, „Akustik schafft Behaglichkeit.“ Clever geplante Decken mit Deckensegeln oder Lamellen absorbieren den Schall. Der Einsatz von Filz unter den Tischen, Bildern an den Wänden oder sogar einzelnen Polstermöbeln führt darüber hinaus zu einer sehr geringen Nachhallzeit, bei der private Gespräche privat bleiben. „Ein unglaublich wichtiger Faktor, um sich wohlzufühlen“.

Außerdem gilt es, die Besucher sinnvoll zu lenken. Lange Schlangen quer durch den Raum oder im Rücken der bereits sitzenden Gäste sowie gekreuzte Wege sind die Kardinalsfehler. „Da muss man auch mal alles neu denken und die Besucherströme über einen zweiten Eingang schleusen, um nicht mit der Rückgabe zu kollidieren“, nennt Architekt Ruschke ein Beispiel. „Der Bereich in unmittelbarer Nähe zur Essensausgabe kann mit höheren Lehnen an den Sitzbänken und abgehängter Decke abgeschirmt werden. Solche Plätze sind oft sogar sehr beliebt weil sie wie Rückzugsorte, wie Kokons wirken, obwohl sie so nah an den Countern liegen.“ Dazu im Gegensatz stehen die Hightables mitten im Raum - alles im Blick und optimal für den Espresso nach dem Essen oder das kurze „Hallo“: „Da bekommen wir ein richtig gutes Feedback“, sagt Bernhard Kampmann, „Man kann sich dort mit den Kollegen noch mal eben schnell austauschen.“

Ein gut durchdachtes Betriebsrestaurant sorgt so für Entschleunigung, ermöglicht aber auch Begegnung. Nicht nur beim gemeinsamen Mittagessen, sondern auch morgens an der Kaffeebar, bei Meetings, Schulungen oder dem Empfang wichtiger Gäste. „Sie müssen dann keinen Tisch in einem schicken Restaurant mehr buchen, sie haben das schicke Restaurant direkt im Haus“, meint Kampmann.

Yannick Ruschke führt mit seinem Partner Sebastian Ernst das Bielefelder Architekturbüro Ruschke+Ernst. Die noble Loge 7 in der SchücoArena des Heimatvereins Arminia Bielefeld stammt ebenso aus der Feder des Büros wie Betriebsrestaurants bekannter regionaler Unternehmen sowie zahlreiche Schulmensen.

Multifunktionalität ist daher ein weiterer zentraler Aspekt. Im modernen Business Restaurant wird nicht nur gegessen. Steckdosen an allen Plätzen, WLAN und Nischen ermöglichen kleine und privatere Besprechungen. „Aber auch eine Auswahl an Snacks und Getränken muss dauerhaft zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund gibt es fast immer Kaffeespezialitäten“, so Ruschke. Der Arbeitsplatz wird kurzfristig an einen anderen Ort verlagert – der Tapetenwechsel bringt möglicherweise die zündende Idee für das nächste Projekt mit sich. Essensausgabe und Pausenraum lassen sich zügig durch Trennwende voneinander abschirmen – und die Mittagstisch-Atmosphäre ist verschwunden.  Vorstellbar außerdem, dass sich mit wenigen Handgriffen Leuchten und Tische an bestimmten Stellen verschieben lassen, um beispielsweise eine Reihenbestuhlung für Seminare zu ermöglichen. Auch großflächige Monitore können zu einer vielfältigen Nutzung des Betriebsrestaurants beitragen. „Vom Fußballspiel über den Imagefilm, von Informationen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über entspannende Motive für die Mittagspause, die Bildschirme lassen sich je nach Anlass bespielen“, erläutert Yannick Ruschke.  „Jeder, der sich das leistet für seine Mitarbeiter, der nutzt das Betriebsrestaurant auch als Visitenkarte.“

Unternehmen könnten an dem Punkt laut Ruschke vielfach punkten: Ein gemütlicher Außenbereich lädt gerade im Sommer als Freizeit- und Naherholungsort ein, schafft genau das kleine bisschen Urlaub vom Alltag. Auch etwas verrücktere Gimmicks, die zeigen, was ein Unternehmen drauf hat, begeistern Ruschke: „Wir dürfen in diesem Jahr sogar unsere erste Baristabar mit einem Roboter als Bedienung realisieren. Ein Roboterarm wie man ihn aus der Automobilfertigung kennt bedient dort professionell eine Siebträgermaschine.“

All das sind die Zutaten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren und verbinden, meint Ruschke: „In Zeiten in denen fast jede Branche um Mitarbeiter kämpft, spielen das Essen und die Behaglichkeit eine große Rolle. Ganz abgesehen davon, dass gute Laune und eine ausgewogene Ernährung fit halten und der Arbeitgeber somit letztlich auch davon profitiert.“ Wertschätzung geht eben nicht nur über den Schreibtisch, sondern auch durch den Magen.     

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