„Marktfrau, das ist man. Das wird man nicht.“

Eigentlich wollte Anita Maske aus Verl vor vier Jahren in Rente gehen. Doch sie kann halt nicht anders: Noch immer steht die 74-Jährige jeden Freitag an ihrem Marktstand und beliefert mittwochs ihre Stammkunden mit frischen Eiern. Und zu diesen Kunden gehören auch die Betriebsrestaurants von Bernhard Kampmann.

Eines steht fest: Dem kleinen, familiären Wochenmarkt in der Bielefelder Senne würde ohne die herzliche Frau mit den kurzen weißen Haaren und dem markanten Lachen etwas fehlen. Man merkt schnell, dass fast alle Besucherinnen und Besucher in der Schlange vor ihrem Marktstand nicht nur wegen der Eier gekommen sind. Eier kaufen bei Anita Maske ist nämlich mehr: hier ein kurzer Schnack, da die Frage, wie es zu Hause geht. „Ich kenne hier jede Menge Leute, die sind ja mit mir alt geworden. Die Kleinen, die sonst nen Lutscher bekommen haben, die kommen mittlerweile mit ihren eigenen Kindern“, lacht Anita Maske, und schon geht es weiter: „Wer ist denn jetzt am dransten?“ Mit 19 Jahren, ganz allein, ist die Eierfrau zum ersten Mal mit ihrem Renault 4 zum Markt gefahren, später mit einem Bulli und heute mit dem großen Verkaufswagen. „Keinen einzigen Freitag haben wir gefehlt. Das ist einfach nur schön.“ Ohne Zweifel ist sie in den 54 Jahren, in denen sie auf dem Markt steht, eine Institution geworden.Der Erfolg liegt aber nicht nur an der gut gelaunten und zugewandten Art von Anita Maske, sondern auch an ihrem Tatendrang und vor allem an der Qualität ihrer Eier. Die kommen vom Hof des Bruders Reinhard Vedder im nahegelegenen Rietberg, einem Geflügelhof mit Freiland- und Bodenhaltung.

„Die Hühner bekommen das beste Futter, die Eier haben wunderschöne Dotter. Nachmittags wird geschroteter Mais ausgestreut, so können die Hühner ihrem natürlichen Verhalten nachgehen und im Stroh nach dem Futter scharren, sind gut beschäftigt.“

Diese Qualität schätzt auch Bernhard Kampmann seit Jahrzehnten und betont die Bedeutung des oft unterschätzten Lebensmittels in der Küche: „Eier können binden, lockern oder klären. Wir brauchen sie ja nicht nur als Frühstücksei, sondern auch für viele andere Speisen wie zum Beispiel die selbst gemachte Hollandaise, unsere Mayonnaise oder die eigens hergestellte Panade der Schnitzel. Eier sind für uns ein sehr wichtiges Produkt. Und bei Frau Maske bekommen wir immer das, was wir brauchen.“ Seit der Gründung des Restaurants „Schlichte Hof“ vor 30 Jahren ist Anita Maske Eierlieferantin von Bernhard Kampmann. „Er hatte mich gefragt, ob ich Eier und Kartoffeln brächte, dann hat er eine Viertelstunde auf mich eingeredet, und schließlich hab ich gesagt: ,Na ja gut, dann will ich das mal machen. Wann soll ich denn kommen?‘ Die Antwort war: ,Na, sofort!‘“, schmunzelt Anita Maske mit ihrer typisch ostwestfälischen Art – trocken der Witz, praktisch die Veranlagung. Mittlerweile liefert sie auch jede Woche Hunderte Eier für die Kampmannʼschen Betriebsrestaurants. „Herr Kampmann braucht sich bei mir um nichts zu kümmern. Ich weiß schon, was die brauchen“, beschreibt sie das über Jahrzehnte gewachsene Vertrauensverhältnis. Zu ihrem eigentlichen Jobausstieg vor vier Jahren machte Bernhard Kampmann handgeriebene Reibeplätzchen in einer riesigen gusseisernen Pfanne auf dem Senner Wochenmarkt – Anita zu Ehren. „Abends hatte ich vom vielen Reiben total raue Hände“, lacht Bernhard Kampmann und spielt auf die vielen Besucher an, die an diesem besonderen Tag zum Markt gekommen waren.

In all den Berufsjahren hat Anita Maske natürlich auch das geänderte Kaufverhalten ihrer Kundschaft beobachtet. Früher war es selbstverständlich, dass Eier und Kartoffeln von den Höfen der Umgebung kamen. Dann kamen Fertiggerichte in Mode, oft auch, weil die Zeit zum Kochen fehlte. „Doch inzwischen ändert sich das zum Glück wieder, das merken wir deutlich. Die Leute kochen wieder mehr selber und kaufen häufiger auf dem Markt ein“, stellt sie fest. Das Bewusstsein für saisonale und regionale Produkte ist wieder gestiegen. Eins hat sich aber dauerhaft verändert: Die gekauften Mengen sind deutlich kleiner als früher. Wurden früher die Kartoffeln noch in Säcken verkauft, so wird heute eher in Pfund gerechnet.

Viele ihrer Kundinnen und Kunden sind mittlerweile – anders als Anita Maske selbst – längst in Rente, und für einige Hochbetagte ist auch das Pfund Kartoffeln zu schwer, um es im Bus nach Hause zu transportieren. Diesen Stammkunden bringt Anita Maske dann auf dem Weg zum Schlichte Hof oder den Betriebsrestaurants Eier und Kartoffeln persönlich vorbei. „Die Leute sind sehr dankbar. Und ich brauche es auch“, fasst sie zusammen. Das 60. Dienstjubiläum auf dem Senner Wochenmarkt kann also kommen. Am liebsten mit Reibekuchen von Bernhard Kampmann.

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